Firmen faulenzen wieder bei Sepa

Das monatelange Warnen und Drängen hat endlich gefruchtet: Ein Großteil der Unternehmen ist fit für Sepa. Doch die verschobene Frist lädt viele Nachzügler zum Bummeln ein. Das kann gefährlich werden.

Bei der Sepa-Umstellung sollten Unternehmen jetzt nicht auf die Bremse treten.

Düsseldorf Zugegeben, der Spaßfaktor ist bei der Umstellung auf das einheitliche Sepa-Zahlungssystem (Single Euro Payments Area) ziemlich gering. Und der langfristige Nutzen ist nur wenigen bewusst. Kein Wunder also, dass viele Unternehmen die Kosten und den Zeiteinsatz lange vor sich hergeschoben haben. Am Ende scheinen die Warnungen vor Liquiditätsengpässen aber doch gewirkt zu haben. Laut einer Studie der Postbank wären am 1. Februar 93 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen fit für Sepa gewesen.

„Wären“? Ja, sie hätten sich beeilt, doch dann wurden sie von der EU-Kommission mit einem Aufschub überrascht. Die Übergangsfrist von den nationalen Zahlungssystemen hin zur einheitlichen Sepa-Überweisung und -Lastschrift wird um sechs Monate verlängert. Erst am 1. August 2014 verlieren die alten Systeme ihre Gültigkeit. Noch muss zwar das Europäische Parlament dem Aufschub zustimmen, dies gilt jedoch als sicher.

Beinahe jedes sechste Unternehmen (16 Prozent) will deshalb den Umstellungsprozess verlangsamen oder gar stoppen – so das Ergebnis einer Postbank-Studie, für die zwischen dem 17. und 23. Januar 415 kleine und mittlere Unternehmen in einer Online-Umfrage befragt wurden. Von solchen Verzögerungen rät die Bundesbank jedoch entschieden ab. Unternehmen, Vereine und öffentliche Verwaltungen sollten zügig umstellen.

„Der Übergangszeitraum bis August ist nur für diejenigen gedacht, die ihre Umstellung bis zum 1. Februar 2014 unter keinen Umständen schaffen. Sepa kommt definitiv“, so ein Bundesbank-Sprecher gegenüber Handelsblatt Online.

In der Studie gaben 60 Prozent der befragten Firmen an, den Aufwand der Umstellung unterschätzt zu haben. Jede fünfte Firma (22 Prozent) beklagt fehlende Informationen und 16 Prozent mangelnde eigene Personalkapazitäten. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen größeren und kleineren Unternehmen: So nehmen mit steigender Unternehmensgröße auch die Schwierigkeiten zu. Zudem gaben mehr große Firmen an, dass die Umstellung sehr kostenintensiv sei. Umgekehrt beklagten sich mehr kleine Firmen über fehlende Informationen.

Vorerst keine Strafen von der Bafin

Diese Erfahrungen zeigen, dass eine Last-Minute-Strategie nicht ratsam ist. Allerdings sind die Defizite nicht überall in Deutschland gleich, der Osten ist dem Westen voraus. So hätten sich 97 Prozent der ostdeutschen, aber nur 92 Prozent der westdeutschen Unternehmen am 1. Februar bereit für Sepa gesehen. Und 85 Prozent der Firmen im Osten wollen ihre Überweisungen und Lastschriften nun dennoch zum ursprünglichen Termin umstellen. Im Westen sind es nur 76 Prozent.

Trotz der Fristverschiebung ist Eile geboten. Unternehmen, die Lastschriften nutzen wollen, müssen dafür nicht nur eine sogenannte Gläubiger-ID bei der Bundesbank beantragen, sondern auch ihre IT-Programme an die veränderten Anforderungen anpassen. Zudem müssen die Firmen das System gemeinsam mit ihrem Kreditinstitut testen. Die Bundesbank empfiehlt, die Umstellung noch vor der Haupturlaubszeit im Sommer zu beenden. „Die sechs Monate sollten auf keinen Fall bis zur letzten Minute ausgenutzt werden“, so ein Sprecher.

Für Unternehmen, die nicht rechtzeitig umstellen und viele Buchungen über die Lastschrift abwickeln, kann es zur Zahlungsunfähigkeit kommen. Zudem kann die Finanzaufsicht Bafin Strafen verhängen, wenn die Umstellung nach Ablauf der neuen Frist immer noch nicht erfolgt ist.

Bis zum ersten August sind Unternehmen vor solchen Strafen aber noch sicher. Der Aufschub ist zwar streng genommen noch nicht rechtskräftig, weil bisher nur der Ministerrat dem Vorschlag der EU-Kommission zugestimmt hat. Doch das Europaparlament hat ebenfalls seine Zustimmung für eine Sitzung im Februar signalisiert. Entsprechend hat auch die Bafin zugesagt, dass sie die sich abzeichnende Rechtsänderung bereits jetzt berücksichtigt.

Unternehmen sollten mit ihrer Bank sprechen

Auch die Banken werden in der Regel in der Zeit bis zum „Ja“ des Europaparlaments weiter Lastschriften im alten Format annehmen. Dennoch sollten betroffene Unternehmen und Vereine Kontakt mit ihrer Bank aufnehmen. „Firmenkunden, die innerhalb der Übergangsfrist vom 1. Februar bis 1. August 2014 noch Zahlungen nach dem Alt-Zahlformat vornehmen möchten, sollten sich in der Tat mit ihrem Kreditinstitut in Verbindung setzen“, sagt eine Sprecherin der Deutschen Kreditwirtschaft. „Es bedarf einer individuellen Vereinbarung mit dem kontoführenden Institut.“ Und jedes Kreditinstitut kann individuell entscheiden, ob es weiterhin das alte Format akzeptiert.

Auf eine Änderung hat sich das deutsche Kreditgewerbe jedoch geeinigt: Das Lastschriftverfahren per Abbuchungsauftrag wird zum 1. Februar 2014 eingestellt. Individuelle Regeln können dazu nicht vereinbart werden. Möglich sind dann nur noch Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren. Der Unterschied: Eine Einzugsermächtigung erteilt der Zahlungspflichtige an den Zahlungsempfänger. Ein Abbuchungsauftrag wird dagegen der eigenen Bank erteilt. Nach Angaben der Bafin wurden Abbuchungsaufträge bislang aber ohnehin „nicht so häufig“ genutzt.

Ein Grund für das späte Engagement zahlreicher Firmen mag sein, dass viele lange gehofft hatten, dass das Zahlungssystem doch nicht kommt. Außerdem waren viele wohl durch die anfallenden Kosten abgeschreckt und übersahen vor diesem Hintergrund die Vorteile. „Der Auslandszahlungsverkehr wird durch Sepa genau so einfach wie bisher der Inlandszahlungsverkehr“, erklärt Harald Roos, Bereichsvorstand Geschäftskunden bei der Postbank. „Dadurch eröffnen sich für die Unternehmen zusätzliche Absatzchancen.“

Für Verbraucher ändert sich durch die neue Frist nichts, denn für sie gilt ohnehin eine längere Übergangsfrist. Noch zwei Jahre lang dürfen Banken von ihnen die Kontonummern und Bankleitzahlen in der alten Form annehmen.

Quelle: Handelsblatt Online

 

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